Friseurweltmeister Peter Schaider Junior und sein Vater KR Peter Schaider
Bildcredit: Schaider

Schmutzkonkurrenz, Lehrlingsausbildung und Friseur-Pfuscher: Peter Schaider und Junior im Interview

Die Schaiders nehmen kein Blatt vor den Mund und sprechen aus, was viele andere denken! EPUs sind die neuen Pfuscher, Schwarzarbeit gehört verfolgt und das AMS bringt Friseure, die nichts können…

im Gespräch mit Raphaela Kirschnick

Hitzig ging es zu bei unserem Gespräch, nicht immer sind wir einer Meinung. Die Schaiders arbeiten hart und sind erfolgreiche Unternehmer, die in der Friseurbranche etwas bewegen wollen. Provokation dient da auch als Mittel zum Zweck?

AUSBILDUNG – Die Branche bildet zu wenig aus

Wie geht es euch mit der Branche?
Peter Schaider:
Wie soll es gehen? Der Großteil der Salons bildet nicht mehr aus, die Lehrlingszahlen gehen eklatant zurück, nur weil keiner mehr ausbildet.

Viele Salons finden keine Lehrlinge!
Peter Schaider Junior:
Viele davon haben ein Imageproblem oder suchen nicht richtig. Viele nutzen noch immer Lehrlinge aus, das spricht sich rum. Andere suchen auf den falschen Plattformen, geben Zeitungsinserate auf. Da kann man keinen Lehrling finden.

Was bietet ihr?
PSJ:
Man muss jungen Leuten Perspektiven bieten, so wie wir das machen.
PS: Man muss doch wissen was die jungen Leute brauchen. Viele suchen einen Familienersatz, wollen, wie bei uns, in eine große Familie. Wir kümmern uns um jeden Einzelnen mit seinen Nöten und Bedürfnissen.

Ich kenne viele tolle Salons, die keine guten Lehrlinge finden. Ich bin nicht der Meinung, dass es nur an Salonunternehmern liegt.
PS:
Ein guter Vollzeit-Friseur verdient bei uns inkl. Provision und Trinkgeld monatlich mehr als 2.000 €, diese Perspektive bieten wir Lehrlingen.

Es ist nicht nur Geld, es liegt auch am Image, oder?
PS:
Die Jungen leben ja in einer vollkommen falschen Welt heutzutage. Die haben ja keine Ahnung davon, was es heißt Geld zu verdienen. Diese Jugendlichen sind nicht die Richtigen für uns, weil die von ihren Eltern schon nicht die richtige Erziehung erhielten.

Welche Herausforderungen habt ihr mit dem Nachwuchs?
PS:
Leider sind die jungen Leute nicht mehr zuverlässig, da hilft nur trainieren und dahinbringen. Ich habe in 30 Jahren fast 2.500 Friseurlehrlinge aufgenommen, damit bin ich der größte Lehrlingsausbilder in Wien und Niederösterreich.

Wie viele davon sind geblieben?
PS jun.:
Wir nehmen jedes Jahr rund 80-100 Lehrlinge auf, davon bleiben ca. 30-40 bis zum Schluss und die Hälfte davon übernehmen wir.
PS: Im zweiten Lehrjahr findet die erste Selektion statt.

Was bedeutet Selektion?
PS:
Na schau, da gibt es einige Gründe, normale Selektion, weil Leute einfach die Lehre abbrechen. Leider haben wir auch viel schlechte Erfahrung gemacht bei Lehrlingen mit Migrationshintergrund. Einige muslimische Frauen, die im übrigen sehr talentiert waren, haben geheiratet und durften dann nicht mehr arbeiten oder kamen plötzlich nicht mehr aus dem Urlaub zurück.
Dann haben wir es immer wieder, dass junge Mädchen nicht auf Seminare fahren, weil sie nicht auswärts schlafen dürfen. Was mache ich damit?

Was macht ihr in der Ausbildung anders?
PSJ:
Viel, viel Training und Perspektiven.
PS: Ganz einfach, wir sind die besten Ausbilder.

Das ist selbstbewusst,
PS:
Jährlich fließen fast 400.000€ in die Aus-/ Weiterbildung für alle Mitarbeiter

Wieviel MA habt ihr aktuell?
PS :
Ca. 350 , das variiert ja ständig, mit denen im Mutterschutz sind wir auf über 400.

SCHWARZARBEIT – Schmutzkonkurrenz

Wie positioniert ihr euch gegen Schwarzarbeit?
PS:
Das ist mittlerweile eine Schmutzkonkurrenz, gegen die ich ankämpfe. Da sind Friseure arbeitslos gemeldet, geringfügig angestellt, arbeiten aber zusätzlich schwarz und machen mit dem Chef dann halbe-halbe. Lehrlinge bilden sie auch keine aus.

Man hört das immer so pauschalisierend, aber wie kann man das beweisen, dagegen vorgehen?
PS:
Das Finanzministerium stellt eine Truppe von 800-1000 Personen zur Aufstockung der Finanzpolizei zusammen. Das hat mir Hartwig Löger (Finanzminister Österreich) zugesagt. Das ist ein Finanzminister, der diese Sache ernst nimmt und seriösen Betrieben helfen will.

Ist das schon offiziell?
PS:
Das wird passieren, 2020.

Wie erfährt dann die Finanzpolizei davon?
PS:
Tipps, auch von Salonunternehmern. Schau, wenn dein Nachbar kriminell ist und dir schadet, dann machst Du doch auch eine Anzeige. Die Finanzpolizei kann ja nicht riechen, wo etwas im Argen liegt. Das Problem in der Branche sind häufig türkische Salons, die schwarzen Schafe gibt es aber auch bei uns, da sind viele Österreicher dabei.
PSJ: Da gehören auch viele Mobilfriseure dazu. Wenn man das kalkuliert, wie soll sich das ausgehen? Die machen natürlich einen Großteil schwarz. Und die haben eine Grenze von 11.000 € bis zu der sie keine Einkommenssteuern zahlen und bis 30.000 € existiert keine Umsatzsteuerpflicht.
PS: EPUs sind die Sozialhilfeempfänger der Zukunft, bitte schreib das genau so.

Da muss ich erstmal tief Luft holen, das kann man doch nicht so pauschalisieren!
PS:
Na schau, die arbeiten allein, meist schwarz, zahlen keine Mehrwertsteuer, keine Sozialversicherungsabgaben, befinden sich in einer Grauzone und wenn sie in Pension gehen, dann sind sie Mindestsicherungsempfänger.

Das ist doch aber bei geringfügig Beschäftigten oder Teilzeitkräften auch möglich? Was ist denn hier die Lösung?
PS:
Die Kleinstunternehmerregelung gehört abgeschafft
PSJ: Jeder Betriebsinhaber sollte für 1.700 €, der höchsten Stufe unserer Kollektivvertragsstufe, Steuern zahlen.
PS: Viele leben in Grauzonen, bauen Haus, haben im Keller einen Raum frei und legen los. EPUs sind erlaubter Pfusch. Früher hat man gesagt Pfuscher, heute sind es EPUs.

Also es gibt Menschen, die wollen selbstständig sein, sind verheiratet und ich kenne da wirklich einige tolle kleine Betriebe, die haben einfach andere Vorstellungen vom Leben.
PS:
Ach Raphaela, und dann müssen wir beide diese unterhalten. Ich mag auch nicht immer um 9:00 arbeiten, aber ich tue es. „Ich will nicht so einen Stress haben, lass uns locker sein.“ , das kann ich schon nicht mehr hören. Ich bin doch nicht der depperte Schaider, der Steuern zahlt und andere erhält.

AMS – ärgert nur

Im Januar hat imSalon die Friseur-Arbeitslosenzahlen recherchiert und für einen Aufschrei gesorgt, wie steht ihr zum AMS?
PSJ:
Ach da kann ich dir eine schöne Geschichte erzählen. Mein Vater hat sich vom AMS Leute zum Jobcasting bestellt, von 250 Arbeitslosen kamen 60. Ganze zwei sind davon hängen geblieben.
PS: Viele waren seit Jahren nicht mehr im Job und sollen jetzt wieder vermittelt werden, nur, diese Leute können ja nichts.
PSJ: Ich bekomme immer wieder Friseure vom AMS vermittelt, aber dann steht schon in der Bewerbung, „Würde gerne arbeiten, Mo-Do bis 15:00, Freitag vielleicht, Samstag gar nicht. Das schreiben die doch, weil sie nicht arbeiten und schon das Gespräch vermeiden wollen.
PS: Viele haben ja auch weitaus mehr, wenn sie nicht arbeiten. Schau, vor Kurzem war ein Mädchen hier, die bei mir gelernt hat. Das Mädel war gut, meinte zu mir, sie will nur geringfügig arbeiten. Dann hat sie mir vorgerechnet: 880€ Arbeitslose, dann Mietzinsbeihilfe 300 €, dann kriegt sie Alleinerzieherzuschlag, allein damit kommt sie auf 1.600 €.
Sie bekommt den Kindergarten gezahlt und einiges andere mehr. Dann hat sie im gesamten Gemeindebau ihre Kundinnen. Sie sagte zu mir: „Herr Schaider, ich mache vormittags drei Kunden, das sind ca. 120€, dreimal die Woche sind das 360€, manchmal auch nachmittags, so komme ich auf 500€/ Woche nebenbei.“ Die kommt auf 3.500 € netto im Monat.

Was kann man da machen?
PS:
Sich ärgern! Ansonsten beweise das mal.
PSJ: Musst ja nur anschauen, was manche Friseure für einen Lebensstil haben, da kann ich doch schon erkennen, dass gemauschelt wird.

INDUSTRIE – Industriemarketing vergewaltigt uns

Was sollte man ändern?
PSJ:
Momentan ist es für mich wichtig Menschen für die Branche zu begeistern.
PS: Da muss ich wieder eine provokante Aussage treffen. Wir dürfen uns nicht mehr vom Industriemarketing vergewaltigen lassen. Die Produktmanager versuchen uns dahin zu erziehen, viele Produkte zu verwenden.
PSJ: Ja, Farben sollen wir Palettenweise in die Salons stellen, möglichst 150 verschiedene Nuancen, wo andere sagen 60 reichen vollkommen.
PS: Wir sollen möglichst 5 Farben auf den Kopf schmieren, um viel zu verbrauchen.
Haare schneiden dürfen wir auch noch und Föhnen.
PSJ: Na Föhnen ist auch noch gut, aber nur, wenn wir ganz viel Produkt ins Haar geben, ein Öl und Spray und Creme und was weiß ich noch alles.
PS: Und das nächste, und das bitte genau so schreiben: Die Branche ist zu dumm, als dass sie die Volumenwelle forciert. Die Industrie redet uns immer ein, die Welle sei schlecht. Weißt Du warum?

Sag’s mir!
PS:
Die Industrie hat mal versucht die Welle im Supermarkt zu verkaufen, was natürlich in die Hose ging. Und weil die Industrie die Welle nicht im Supermarkt verkaufen kann, will sie nicht in Forschung investieren und stampft es lieber ein.
PSJ: Das ist ja eine einfache Rechnung: Forschung kostet, ergo mach ich keine, weil dem keine Umsätze gegenüberstehen.

Wella hat das im letzten Jahr sehr gepuscht mit Wella #newperm
PSJ:
Ja, dann gibt es noch die Friseure, die es nicht können und die reden es dann den Kundinnen aus, es kann ja kaum noch jemand dauerwellen.
PS: Die Branche steht auf 2,5 Beinen: Farbe und Schnitt und ein wenig Stylen. Wir müssen unser Geschäft wieder auf vier stabile Beine stellen: Farbe, Schnitt, Welle und Frisur.

Peter, Du bist ein Kämpfer mit starken Ansichten. Was treibt dich so stark an?
PS:
Mein Sohn ist 28 Jahre und ich möchte, dass der Beruf eine Basis hat und weiter überleben kann. Ich möchte, dass es weitergeht, es ist ja Tradition bei uns!
PSJ: Ich bin jetzt in der dritten Generation väterlicherseits und in der vierten Generation mütterlicherseits.

Also quasi in der siebten Generation, schön, das können nicht viele sagen, dann weiterhin viel Erfolg.