Kurz nach Amtsantritt macht die Wiener Innungsmeisterin Gülten Karagöz gemeinsam mit den Berufsschulen Nägel mit Köpfen: Wien kehrt teilweise zurück in den Regelunterricht.
Angekündigt hatte ►Gülten Karagöz ihr Interesse am teilweisen Aufheben des Blockunterrichtes in Wien bereits in unserem Interview im April 2024: ►Wir brauchen Block- und Regelunterricht.
In der vergangenen Woche trafen sich die neue Innungsmeisterin der Wiener Friseure und die Direktionen der Berufsschule für Schönheitsberufe in der Goldschlagstraße, Jürgen Kugler, und der Berufsschule für Frisur und Maskenbild in der Scheydgasse, Michaela Pokorny, zu gemeinsamen Gesprächen. Geprüft wurde, wie ein Weggang vom Blockunterricht hin zum Jahresunterricht umsetzbar wäre.
Umfrage und zahllose Mails bestätigten Interesse am Jahresunterricht
Den Gesprächen vorangegangen waren wohl zahllose Mails an die Friseurinnung, in denen Salonunternehmerinnen und -unternehmer auf eine Neubewertung des Blockunterrichts drängten, der 2020 in Wien eingeführt wurde und nicht unumstritten war (imSalon berichtete: ►Blockunterricht hat Pros und Contras). Zudem verdeutlichte eine anonyme Umfrage der BS Goldschlagstraße im Frühjahr 2024, dass sich die überwiegende Mehrheit der Betriebe, die keine oder nur wenige Lehrlinge ausbilden, vehement für den Jahresunterricht ausspricht.
Auch die ►Podiumsdiskussion „Zukunft der Ausbildung“ auf der imSalon Wien Messe zeigte das: Floris Pluchino Wunderlich, damals Auszubildende im 2. Lehrjahr, betonte: „Junge Menschen entscheiden sich fürs Handwerk, weil sie nicht mehr in der Schule sitzen möchten. Wir wollen keinen Blockunterricht, der uns wochenlang aus dem Salon und aus dem praktischen Arbeiten holt, sondern mit unsren Händen arbeiten.“
Regel- und Blockunterricht in Wien
Bei der offiziellen Pressekonferenz zur Causa Wiener Blockunterricht am 20. Mai in der BS Goldschlagstraße wurden nun gemeinsam mit LIM Gülten Karagöz, ihrem Stellvertreter KommR. Peter Schaider, sowie den Berufsschuldirektoren Jürgen Kugler und Michaela Pokorny deren Lösungen präsentiert. Das gemeinsame Wording: Der Blockunterricht in Wien biete nachweislich mehr Nach- als Vorteile.

Somit geht’s für die meisten Schüler*innen in den Regelunterricht. Gestartet wird mit den 1. Lehrjahren im Herbst 2025, für sie gilt in der gesamten Lehrzeit der Jahresunterricht / Regelunterricht. Die jetzigen 2. und 3. Klassen können aufgrund ihrer Stundenzahlen nicht in den Jahresunterricht übernommen werden, sie bleiben im Block.
Für Großbetriebe mit homogenen Lehrlingsstrukturen besteht weiterhin die Möglichkeit des Blockunterrichtes im Friseurberuf. Hier wurde eine Mindestanzahl von 18 Schüler*innen pro Klasse vereinbart. Infrage kommt dieses Angebot z.B. für Lehrausbilder Peter Schaider, der sich mit dem Blockunterricht zufrieden zeigt und diesen gern beibehalten wolle.
Regelunterricht in Wien – was sind die Vorteile?
Es gibt wieder betriebliche Freistellungen
Im Blockunterricht war es gesetzlich nicht möglich, einen Lehrling für den Betrieb freistellen zu lassen. Nun gibt es wieder die gesetzliche Grundlage für betriebliche Angelegenheiten wie Schulungen oder Notbetrieb aufgrund von Krankheiten oder ähnlichem, Auszubildende bis zu zweimal im Jahr von der Schule freistellen zu lassen.
Arbeitszeiten: reguläre Beschäftigung im Betrieb wieder möglich
Während des gesamten Blockunterrichts war per Gesetz keine Beschäftigung im Betrieb gestattet, was oft zu Irritationen in den Betrieben geführt habe – gerade in Hinblick auf eine wöchentliche Ausbildungsverpflichtung von 40 Stunden, die 36 Stunden in der Berufsschule gegenübersteht. Dies ist nun wieder möglich.
Freigegenstände können wieder angeboten werden
Auch die Pädagogen zeigen sich zufrieden. Durch den Jahresunterricht können wieder vermehrt Freigegenstände angeboten werden, die konkrete und individuelle Förderungen ermöglichen und zudem vom Land Wien finanziell übernommen werden. Als Beispiel nennt Jürgen Kugler die Vorbereitungskurse auf die Zwischenprüfung sowie die gesetzlich vorgeschriebene Deutschförderung, die zusätzlich als Freigegenstand individuell in Anspruch genommen werden kann.
„Aus pädagogischer Sicht ist dieses Angebot für die Jugendlichen deutlich besser und erhöht deren Bildungschancen. Unser gemeinsames Hauptanliegen ist es, gut ausgebildete junge Stylistinnen und Stylisten zu haben, die nicht ihre Lehre abbrechen.“, so Jürgen Kugler.