Mit prozentual höchstem Anstieg seit 1992 erhält der deutsche Azubi durchschnittlich 1.133 € monatlich. Im Friseurhandwerk sieht es anders aus. Diese verdienen laut geltenden Tarifverträgen am schlechtesten…
Die tariflichen Ausbildungsvergütungen in Deutschland sind 2024 im Vergleich zum Vorjahr (1.066 €) im bundesweiten Durchschnitt um 6,3 % gestiegen. Das ist der prozentual stärkste Anstieg seit dem Jahr 1992, in dem erstmals Daten für ein wiedervereinigtes Deutschland erhoben wurden.
Die Auszubildenden in tarifgebundenen Betrieben erhielten im Durchschnitt über alle Ausbildungsjahre 1.133 € brutto im Monat. Nachdem sich der Abstand zwischen Ost- und Westdeutschland 2023 noch vergrößert hatte, lagen diese 2024, erstmals nahezu identisch, bei 1.135 € (Ost) und 1.133 € (West). Der Osten Deutschlands verzeichnete dabei einen stärkeren Anstieg von 8,9 %, gegenüber den 6,1 % im Westen.
Das Friseurhandwerk kann sich darüber jedoch nur bedingt freuen. Das zeigen die zentralen Ergebnisse der Auswertung der tariflichen Ausbildungsvergütungen für das Jahr 2024 des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB).
In die Berechnung der gesamtdeutschen Durchschnittswerte sowie der Durchschnittswerte für Ost- und Westdeutschland fließen alle Ausbildungsberufe ein, für die Daten zu tariflichen Ausbildungsvergütungen vorliegen.
In der BIBB-Datenbank ► „Tarifliche Ausbildungsvergütungen 2024 – alle Berufe in Ost- und Westdeutschland“ werden Durchschnittswerte für besetzte Ausbildungsberufe ausgewiesen.
Die Vergütungshöhe unterscheidet sich je nach Ausbildungsberuf. Die im gesamtdeutschen Durchschnitt höchsten tariflichen Ausbildungsvergütungen wurden 2024 im Beruf Rohrleitungsbauer/in mit 1.349 € gezahlt. Milchtechnologe/Milchtechnologin, Spitzenreiter des Vorjahres rutschte mit 1.347 € auf Platz 2. In 10 Berufen lagen die tariflichen Vergütungen im Durchschnitt über alle Ausbildungsjahre über 1.300 €, darunter 5 Berufe aus dem Handwerk.
Während 2024 erstmals alle Ausbildungsbereiche im Durchschnitt über 1.000 € lagen, bildeten Handwerk (1.046 €) und die freien Berufe (1.020 €) das Schlusslicht.
Handwerk niedrig, Friseur am niedrigsten
- Handwerk 1.046 €
- Friseur/-in 719 €
Die tarifliche Vergütung lag im bundesweiten Durchschnitt bei etwa 14 % der Auszubildenden unter 950 €. 25 Berufe erhielten eine durchschnittliche Ausbildungsvergütung unter 1.000 €. Bei 64 % davon handelte es sich um Berufe aus dem Handwerk z.B. Maler/-in und Lackierer/-in (936 €), Tischler/-in (937 €), Bäcker/in (968 €) oder Bestattungsfachkraft (890 €). Während sich Auszubildende Boden- oder Parkettleger/innen über einen Anstieg der Durchschnittlichen Vergütung von über 10 % freuen durften, verzeichneten die Friseur-Azubis einen unterdurchschnittlichen Anstieg von nur 4,1 %, und landeten mit 719 € wieder auf dem letzten Platz.
Brandenburg, Sachsen & Thüringen nicht inkludiert
Anzumerken ist hier, dass in Brandenburg, Sachsen und Thüringen zuletzt 2019 tarifliche Ausbildungsvergütungen im Friseurhandwerk festgelegt wurden. Die damals vereinbarten Vergütungssätze liegen weit unterhalb der seit 2020 geltenden Mindestausbildungsvergütung und sind damit, laut BIBB, nicht mehr von Bedeutung. Das Friseurhandwerk in Ostdeutschland wird daher nicht bei der Berechnung der durchschnittlichen tariflichen Ausbildungsvergütungen berücksichtigt.
Tarifvertrag oder gesetzlicher Mindestlohn
Nicht unbedingt spiegeln die Tariflöhne die Reallöhne wider. Wie es dazu kommt, lest ihr hier: ► Welches Gehalt gilt denn nun und für wen? Tarifvertrag oder Gesetzlicher Mindestlohn?
Der Friseur ist wichtig und beliebt, und sogar 16 % der 14- bis 26-Jährigen könnten sich diesen Beruf vorstellen, aber zu geringes Gehalt und schwierige Kunden sind die Hauptgründe gegen diese Berufswahl. Das Friseurhandwerk versucht die Ausbildung und das Image des Berufs aufzuwerten. Die mediale Berichterstattung zum „schlechtbezahlten Friseurberuf“ wirkt hier jedoch leider kontraproduktiv.