Credit: Markus Hildebrand

Kunst, Kreativität, Karriere: Der Friseurberuf kann alles – Mario Krankl lebt es vor

Mario Krankl schafft es immer wieder sich selbst zu übertrumpfen, wie zuletzt in Düsseldorf beim großen Showact der TopHair. Wie eine solche „Traumreise“ gelingen kann und man Kreativtiefs überwindet …

Mario Krankl im Interview mit Raphaela Kirschnick von imSalon.at

Mario, Glückwunsch, zu diesem gelungenen Haarspektakel in Düsseldorf. Beschreibe kurz, was diese Show für dich bedeutet?
Mario Krankl: 
Ich habe die Show „Traumreise“ genannt, weil es sich um meine ganz persönliche Traumreise in puncto Haare und Kreativität handelt. Ich hatte die Möglichkeit zusammen mit meinem Partner Goldwell sowie in Kooperation mit Hairdreams meine Ideen und mein Können zu zeigen. Ich konnte ausleben, was an Visionen in mir steckt.

Welche Visionen sind das?
MK:
 So eine Show in dieser Dimension, also mit 17 Models, 21 Looks in 50 Minuten bedeutet einen unfassbar großen Aufwand. . Da war es mir wichtig, einen Bogen zu spannen. Den Bogen zwischen den „Zeitzonen“: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft meiner kreativen Arbeit.

Eine persönliche Zeitreise ist immer auch eine Auseinandersetzung mit sich selbst und allen Höhen und Tiefen. Hast du auch Tiefen verarbeitet?
MK
: Oh ja. Diese Traumreise enthielt einige Elemente meiner kreativen Vergangenheit, wie den sogenannten „Spiral Cut“, den ich in den 90-er Jahren mit heftigem Widerstand und auf der Bühne als meine Art Diskussion anzuregen provokativ „gefeiert“ habe. Die eine Hälfte des Publikums war begeistert, bei der anderen Hälfte gab es teilweise sogar Buh-Rufe.

Provokation als Stilmittel?
MK:
 Für mich bedeutet Entwicklung und Fortschritt auch Diskurs und manchmal eben auch Provokation. Der „Spiral Cut“ steht für den Querdenker in mir, denn „so kann man nicht Haare schneiden“ hieß es damals, aber ich tat es trotzdem. Haha… und interessanterweise feiern heute diese harten „Cut-Outs“ in vielen Kollektionen ihre Renaissance.

Welche Kollektionen waren denn besonders kontrovers?
MK:
 Eine meiner Avantgarde-Highlights sind die „Anonymous Brides“. Das Spiel mit verschiedenen Kulturelementen ist durchaus ein heißes Eisen, aber diese Avantgarde zählt immer noch zu meinen Favoriten, weil in jedem Detail ein kreativer Gedanke zu finden ist. Wer will, kann nach dem zehnten Mal immer noch etwas Neues darin entdecken.

Und wie hast du die Gegenwart abgebildet?
MK:
 Mir persönlich ist auch immer ein „Storytelling“ wichtig. Wenn ich das Publikum in meine Welt „einlade“, dann immer wieder mit Bezug auf etwas Aktuelles. So durfte in meiner Produktion das Thema Krieg in meinem sog. „Albtraum“ auch nicht fehlen. Die Männer wurden also zunächst in einer sehr bedrohlichen Kriegsstimmung inszeniert. Am Ende muss aber für mich doch immer die Zuversicht und Hoffnung stehen, weswegen der zweite Teil der Show dem Inszenieren schöner, moderner und sehr ästhetischer Looks gewidmet war.

Es gibt Haarelemente, die immer wiederkehren. Welche sind dir besonders wichtig?
MK:
 Natürlich habe ich meine „Erfindungen“ der vergangenen Jahre eingebaut: Von Haarmakramee, Haarplissee bis hin zu meinen Haarwürfeln war alles mit dabei – eingearbeitet in unsere aufwändigen Frisurenkreationen. Kritiker sagen: „Alles nur Perücken“. Ich erwidere darauf, und zwar wirklich ohne Kränkung: „Alles Handarbeit, in hunderten von Stunden von Handwerkskunst und Leidenschaft“.

Hunderte Stunden Handarbeit! Wie schaffst du es einen kreativen Flow am Leben zu halten?
MK: 
Eines der wesentlichen Elemente ist für mich immer die Musik. Ich wollte bewusst den Fokus auf deutschsprachige Musik legen. Das zentrale Musikstück, was sich wie ein roter Faden durchzog, war „Traumreise“ von LDC. Bei mir entstehen die kreativen Bilder oft rund um die Musik und die Geschichte, die ich erzählen will.

Hast du manchmal auch „Hänger“?
MK: 
Ja, sogar große „Hänger“! Wir haben das mit der Besteigung des Mount Everest verglichen. Das ist eine Höchstleistung gewesen, wo jede Minute des Tages über Monate verplant ist. Man darf nicht vergessen, dass wir Vollzeit auch einen Friseursalon betreiben. Wir machen das noch zusätzlich. Das geht von früh bis spät und Wochenende…. Wohnzimmer voll, Auto voll, Garage voll…. Kopf voll. Da gibt es Tränen, Hänger und Gedanken wie: „Nie mehr wieder!“. Es fordert einem „alles“ ab.

Wie viel Zeit nimmt so eine Show in Anspruch?
MK: 
In dieser Show stecken mehrere Shows drin und ich würde es mit mehreren tausend Stunden beziffern und einem Jahr Arbeit.

Worauf bist du besonders stolz?
MK: 
Wir fliegen nicht nach Düsseldorf und machen Haare.
Alles, was die Menschen auf der Bühne sehen, stammt aus meiner kreativen Feder. Ich setze dieses Konzept dann zusammen mit meiner Frau Barbara Krankl um, die Modelbuchung, das Haarkonzept, das Make-up, die Visuals, einfach alles, was auf der Bühne zu sehen ist. Sie ist für mich ein genialer Partner. Zum Teil koordinieren wir 40 Beteiligte aus ganz Europa. Da ist jedes Detail durchdacht. Die „Holofans“ wurden beispielsweise extra auf Akku umgebaut, der Videocontent (Visuals) sind nicht KI- generiert, sondern in monatelanger Arbeit zusammen mit dem Visualdesigner und 3D-Spezialisten entwickelt. Das alles ist mit heutigen Budgets in Wahrheit nicht mehr umsetzbar. Deswegen war das auch meine letzte eigene Produktion in diesem Volumen und Zeitaufwand, aber keine Sorge: Es war nicht meine letzte Show

Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau?
MK:
 Ja, gemeinsam mit Barbara stemme ich das Unmögliche. Ohne sie würde das alles nicht funktionieren. Barbara ist für mich obendrein das „menschliche Herz“ in unserem gemeinsamen Schaffen.

Macht Bühne süchtig?
MK: 
Ich frage mich, was ein Mensch fühlt, der am Gipfel des Mount Everests steht. Vielleicht geht es ihm ähnlich wie uns, wenn wir das geschafft haben. Der Mensch am Gipfel würde wohl auch immer wieder seine „Traumreise“ antreten und ich werde das wohl auch. Ganz abgesehen davon steckt man damit das ganze Team an. Das sind unvergessliche Lebenshighlights.

Ich danke dir lieber Mario für das Gespräch und freue mich auf noch viele weitere Traumreisen aus deiner Feder.