Die Sommerpause neigt sich dem Ende zu, wir sprachen mit Wolfgang Eder über aktuelle Ärgernisse, anstehende Kollektivvertragsverhandlungen und was in puncto Ausbildung passieren sollte…
Bundesinnungsmeister Wolfgang Eder im Gespräch mit Raphaela Kirschnick
Der Sommer ist fast vorüber, worauf freust du dich im zweiten Halbjahr?
Wolfgang Eder: Darauf, dass es ein bisschen kühler wird (lacht). Ich freue mich natürlich auf die Haarmania, sowie auf die Euroskills in Danzig, um zu sehen, wie in anderen Ländern die Ausbildungen laufen. Leider gibt es keine Teilnehmer aus Österreich. Und freuen tu’ ich mich auch aufs Geschäft, weil ich ein optimistischer Mensch bin.
Welche Stimmung vernimmst du im Friseur-Markt?
WE: Im Großen und Ganzen vernehme ich eine positive Stimmung, was Kundenbesuche und Umsätze betrifft. Allerdings haben wir keine Daten, die Rückantworten von Friseuren zu unternehmerischen Fragen sind sehr schwach.
Es gibt Verärgerung zur Energiekostenpauschale. Friseure beschweren sich, dass sie trotz knapp 400.000 € Umsatz nur 400 € erhielten und nicht die angekündigten 2.500 €. Weshalb wird unsere Branche benachteiligt?
WE: Wir gehören nicht zu den Energieintensiven Unternehmen. Mit 2-3% Energiekosten fallen wir in eine niedrigere Gruppe, da können wir nicht viel machen. Ungünstigerweise war das vorher nicht transparent erklärt.
Ein anderer aktueller Aufreger: Star-Online stellt zum 01. Oktober den Betrieb ein. Friseurunternehmen sind gezwungen bis zu 800 € für die Datenherausgabe zu zahlen. Ist das rechtlich korrekt? Treten diese Unternehmen an euch heran?
WE: Richtig ist, Star-Online verlangt für das Formatieren in, .csv Format um die € 590,– und für das Formatieren der Daten in eine Hochsicherheitsdatenbank € 790,– pro Salon.
Vorschlag: nicht sofort zusagen, zuerst einen österreichischen Partner suchen und abklären, ob er nicht mit den vorhandenen Daten arbeiten kann. Wenn dem nicht so ist, muss man wohl das Angebot von Star-Online annehmen.
Apropos Arbeiterkammer, diese macht euch jetzt Konkurrenz mit Vida Flex, quasi Gewerkschaft für Kleinstunternehmer. Das finde ich sehr verwirrend. Wie steht ihr dazu?
WE: Die WKO tut bereits sehr viel für EPUs, wie z.B. Neugründerservice, in der Kammerumlage Haftpflichtversicherung enthalten, rechtliche und steuerliche Auskünfte, Weiterbildungsmaßnahmen der Landesinnungen…, und startet dazu jetzt eine große Kampagne. Wichtig ist, das Service zu nützen und die Angebote anzunehmen.
Ihr habt gerade eine neue Studie präsentiert. Was sind die spannendsten Erkenntnisse für das Friseurhandwerk?
WE: Was mich erfreut hat, ist, dass die Besuchshäufigkeit leicht zunimmt und dass der Friseur einen hohen Stellenwert in der Bevölkerung hat. ► Zur Studie
Wie sieht’s denn aus mit dem Ausbildungsjahr 2023?
WE: Stand 30.Juni waren 2.400 Friseurlehrlinge in Österreich gemeldet, ein riesiges Minus. Das ist noch eine inoffizielle Zahl, aber nach wie vor, ist der Friseurberuf nicht in und verliert immer mehr Interessierte.
Wenn du jetzt fragst, was macht ihr dagegen; unsere neue Imagekampagne Ich.Mach.Schön findet großen Anklang. Wünschenswert wäre es, würden hier auch die Betriebe mit entsprechenden Sujets, die sich jeder kostenfrei von der Homepage www.friseur.at herunterladen kann, arbeiten. Damit würde diese tolle Kampagne in der Öffentlichkeit noch bekannter werden.
Ich möchte aber auch ehrlich sein, wenn ich den Knoten lösen könnte, täte ich’s. Ich kann nur Gründe finden: Es ist ein anstrengender Beruf, die demografische Entwicklung spielt mit rein, viele nennen schwierige Kunden und die Arbeitszeiten als abschreckend. Viele suchen einen leichteren Weg, aber das ist ein allgemeines, gesellschaftliches Problem. Der Lohn ist es nicht, denn der wird erst an 5. Stelle genannt. Ein großes Problem ist die hohe Zahl der Abbrecher und derer, die nach der LAP unseren Beruf verlassen. Eventuell sollte ein jeder von uns, auch selbstkritisch, darüber nachdenken.
In den allermeisten Studien (zuletzt von Klipp), steht der niedrige Lohn an erster Stelle.
WE: Ja, aber das glaube ich nicht. Ich beziehe mich auf eine Studie der FH Kufstein. Das war vor zwei Jahren und da war es die Reihenfolge, die ich zuvor genannt habe.
Ok, offenbar hat jetzt jeder seine eigenen Studien. Wo finden wir Lösungen?
WE: Es ist höchste Zeit, dass sich jeder Ausbilder hinsetzt und sein eigenes Ausbildungskonzept überprüft. Wir müssen etwas ändern, denn in fünf Bundesländern ist Friseur ein ► Mangelberuf. Man muss schon überdenken, wie früher Ausbildungen teilweise bei uns gelaufen sind. Ich höre leider immer noch Dinge, wo ich mich frage, wie es sein kann, dass man noch immer so mit Lehrlingen umgeht.
Ist denn in absehbarer Zeit ein Ausbildungsgipfel oder ähnliches geplant?
WE: Nein.
“Es muss möglich sein, dass ein Mitarbeiter*in ihren Lebensunterhalt mit dem offiziellen Lohn bestreiten kann“
Und wann beginnen die Kollektivvertragsverhandlungen?
WE: Wir hatten ein erstes Treffen und planen die Verhandlungen mit Ende des Jahres zu beginnen, damit wir die neuen Löhne im April 2024 haben. Uns muss bewusst sein, dass ein Mitarbeiter mit dem offiziellen Lohn ihren Lebensunterhalt bestreiten kann. Das liegt bei € 2.000 Brutto. Wenn wir das nicht schaffen, werden wir aus dem Radl nie rauskommen. Die aktuelle Lohngestaltung liegt an der unteren Grenze, das gehört geändert. Parallel muss eine Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gewährleistet sein.
Zusammenfassend deine wichtigsten Agenden?
WE: Ich plädiere für eine Lohnerhöhung, die die Branche tragen kann und ich möchte für unsere Branche keine Zeitverkürzung. Für mich ist eine verbleibende 40-Stunden-Woche und steigende Löhne das wichtigste.
„Ich möchte Löhne fixieren, dass der Unternehmer selber noch die Möglichkeit hat, etwas in seinem Lohngefüge zu gestalten.“
Sollten wir nicht dahinkommen, dass die Kollektivgehälter so stark angehoben werden, dass alle gezwungen sind, die Preise entsprechend anzuheben?
WE: Dieser Meinung bin ich nicht. Wenn ich jetzt als Beispiel, Mindestlohn 2.500 € für Friseure festsetze, dann mach’ ich viele Unternehmen kaputt. Oder sie gehen einen anderen, einen illegalen Weg. Der Unternehmer, der das nicht zahlen will, wird immer einen Weg finden, dem zu entkommen. Das sieht man bei den Barbershops. Ich möchte Löhne fixieren, dass der Unternehmer selber noch die Möglichkeit hat, etwas in seinem Lohngefüge zu gestalten.
Warum werden dann nicht mehr Schwarzarbeitskontrollen eingefordert?
WE: Die werden eh durchgeführt, aber wie viele erwischt’s denn? Das Finanzamt darf nur tätig werden, wenn ein begründeter Verdacht besteht. Wenn Friseure etwas sehen, sollten sie es melden. Bei regelmäßigen Routinekontrollen werden immer wieder auch Friseure erwischt, es wird nur nicht überall rausposaunt. Das Land Salzburg tut das nicht.
„Ich setze mich viel lieber für eine Reduzierung der Mehrwertsteuer ein…“
Aber sollten wir nicht genau das kommunizieren, schon allein als Abschreckung?
WE: Ich sage das jetzt aus meiner dreißigjährigen Erfahrung, Schwarzgeld machen, gab es immer und wird es immer geben. Ich setze mich viel lieber für eine Reduzierung der Mehrwertsteuer ein als für vermehrte Untersuchungen vom Finanzamt, weil es letztendlich uns Unternehmern deutlich mehr bringt.
Reduzierung der Mehrwertsteuer, gibt es Neuigkeiten?
WE: Wir haben jetzt erstmal Ruhe gegeben und arbeiten aktuell mit politisch tätigen Lobbyisten. Ich will das jetzt gar nicht so breittreten. Wir sind natürlich immer in Gesprächen, es kommt nur nicht alles an die Öffentlichkeit. Jede Partei macht ihr Wahlprogramm und wir müssen wieder so weit vorstoßen, wie es uns während der Pandemie gelungen ist, als wir im parlamentarischen Ratsausschuss drinnen waren.
Das klingt langwierig.
WE: Man muss immer einen geschickten Moment abwarten, denn es geht uns um dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer für alle Personalintensiven-Unternehmen. Aber das muss finanziert werden, dafür gehört das ganze Steuersystem geändert. Meines Erachtens gibt es dazu viel zu viele finanzielle Ungerechtigkeiten. Es kann nicht sein, dass ein herstellender Betrieb, eine Maschine um 250.000 € kauft, dadurch acht Mitarbeiter einspart und dann noch eine Investitionsförderung erhält. Ein Friseur kann in einer Stunde eine Kundin bedienen, in der Gastronomie kann man 10-15 Menschen bedienen, wir können nicht auf Lager produzieren, wie andere. Und das sind zum Teil unsere Argumente. Inflation und Lohnkosten spielen uns da ebenfalls in die Hände.
Zermürbend?
WE: Am meisten kämpfen wir aktuell mit den Berufsschulen. Im Ministerium haben sie es in zwei Jahren nicht geschafft, den Lehrplan an das neue Berufsbild anzupassen. In den Schulen wird immer noch nach dem alten Berufsbild gelehrt, weshalb Lehrlinge noch Perücken knüpfen müssen, und und und. Das wäre längst raus. Da machen wir aktuell viel Druck.
Was sind deine Erwartungen an die Haarmania?
WE: Wir erwarten uns, dass wir ebenso viele Besucher wie vor zwei Jahren empfangen. Unter anderem haben wir unser ►Programm geändert, unsere Speaker haben unternehmerische Themen. Ich glaub’, dass das ein besserer Mix ist. Schauen wir mal.
Lieber Wolfgang, wir sehen uns auf der Haarmania, für die anstehenden Verhandlungen wünsche ich viel Erfolg.