Extensions-Experte und Trainer Marvin Giel führt im 3.000 Einwohner-Dorf Frickhofen erfolgreich seinen Salon Fön-X | Credit: Jasmin Eggert

Noch zu viele setzen auf ‚ausnutzen‘, nicht ausbilden“

Marvin Giel machte mit 19 Jahren seinen Meister. Er ist Unternehmer und mit seinem „Dorf-Salon“ dank Extensions-Spezialisierung und 3,5 Tage Woche erfolgreich. Als junger Mensch, engagierter Ausbilder und Trainer weiß er: ausbilden ist superwichtig!

Wir baten Marvin Giel zum Gespräch mit Katja Ottiger von imSalon

Du bist noch recht jung, hast aber bereits dein 10-jähriges Salonjubiläum gefeiert. Warum bist du so jung Friseurunternehmer geworden?
Marvin Giel:
 Nach meiner Ausbildung hatte ich klare Gehaltsvorstellungen, die mir meine damalige Chefin nicht bieten konnte. Ich bin dann direkt nach meiner Ausbildung in Vollzeit auf die Meisterschule gegangen und hatte vier Monate später, mit 19 Jahren, meinen Meistertitel. Danach habe ich in meinem jetzigen Salon als Salonleitung begonnen und diesen zweieinhalb Jahre später übernommen.

Keine Angst vor der eignen Courage gehabt?
MG:
 Ich hatte meinem Chef gesagt, dass ich gern etwas Eigenes machen möchte oder den Salon übernehmen könnte. Er war damals schon älter und für ihn war es ok. Es war eine große Verantwortung, zumal ich Mitarbeiter übernommen habe, die alle länger dabei waren als ich. In jungen Jahren macht man sich ja noch keine Gedanken über Risiken, da ist man noch frei von allem (lacht). Mittlerweile habe ich ein super Team von acht Mädels um mich.

„Ausbildung ist die Zukunft des Friseurhandwerks (…) Ich glaube, dass da viele Salons sind, die das Potenzial hätten, auszubilden.“

Bildest du aus?
MG:
 Ja! Ich bilde aus und investiere auch in die externe Ausbildung meiner Azubis. Das Thema ist superwichtig, weil Ausbildung die Zukunft im Friseurberuf ist und die ja gerade nicht so gut aussieht. Ich glaube, dass da draußen viele Salons sind, die das Potenzial hätten, auszubilden, es aber nicht tun, weil sie keine Zeit haben, und leider gibt es auch immer noch Salons, die Azubis Steine in den Weg legen, weil sie mehr „ausnutzen“ als ausbilden. Das ärgert mich. Damit es langfristig noch Friseure gibt, müssen wir Unternehmer in Zeit und Schulungen investieren!

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Du bist Extensions-Spezialist und leidenschaftlicher Trainer. Seit gut einem Jahr gibst du Schulungen für die ►AVAcademy, zuerst für ►Combline, mittlerweile auch für AVAhair Tressen Technik. Wie kam es dazu?
MG:
 Ich bin immer neugierig und offen für alles. Durch eine zufällige Schulung mit einer Kollegin bin ich bei der AVAcademy gelandet – und es hat sofort gematcht!
Die AVAcademy wächst Step by Step als gemeinsames Projekt u.a. mit meinen beiden Trainerkolleginnen Heidrun Opitz, die vor allem Tapelines und Microtapes schult, und Dorotheé Höber, deren Steckenpferd die Microbondings sind.

Und was ist dein Steckenpferd?
MG:
 Alles, was eingenäht wird, also Wefts (Tressen) und vor allem die ►Butterflys. Auf der Messe in Düsseldorf waren wir in diesem Jahr tatsächlich die Einzigen mit diesem Produkt, ich habe in ganz Deutschland noch keine anderen Butterflys gefunden. Für mich ist das eine Technik, die aus dem Salon nicht mehr wegzudenken ist, weil sie superschnell geht und sich damit schneller Umsatz generieren lässt.

Wie der Name vermuten lässt, bestehen Butterflys aus zwei Seiten. Wie funktionieren die?
MG:
 Die Butterflys werden aufgeklappt, durch das eingearbeitete, vorgestanzte Silikonband in deren Mitte werden die Haare der Kundin durchgezogen und darunter mit Mikroringen befestigt. Das sind Aluminiumringe mit einer inneren Silikonschicht, die zusammengedrückt werden.

Zum Nachsetzen der Tressen kommt die Kundin zum „Lift-up-Termin“. Wie zeitaufwendig ist der?
MG: Meine Kundinnen kommen alle 5 bis 6 Wochen für ein Lifting, das dauert ca. 15 Minuten. Bei einer Haarverlängerung reden wir von ca. sechs Butterflys. Die klappst du auf, öffnest die jeweils vier Microringe mit der Zange, schiebst sie hoch und machst sie wieder fest. Nach weiteren 5 bis 6 Wochen werden sie in der Regel neu eingesetzt. Sie bestehen aus osteuropäischem Echthaar und können bei guter Pflege zwischen 1 und 1,5 Jahren benutzt werden.

Wie berechnet ihr den Lift-up-Termin?
MG:
 Wir verrechnen pro Butterfly und Lift-up. Der Lift-up-Service wird beispielsweise fast zu 90 Prozent von meinen Azubis gemacht.

„Wer sich heutzutage als Extensions-Spezialist bezeichnet, kann nicht nur eine Technik anbieten.“

Für wen eignen sich die Butterflys? Ich kann mir vorstellen, dass sie sichtbar sind, wenn ich die Haare einfach hochbinde?
MG:
 Grundsätzlich stellt sich bei der Anbringung von Extensions immer zuerst die Frage, wie die Kundin ihre Haare mag: offen? Oder trägt sie Zopf oder Dutt? Wir bieten alle Techniken an und kombinieren sie entsprechend. Man muss bei wirklich jeder Kundin, bei jedem Kopf, individuell schauen, wie man was wo hinsetzt. Wer sich heutzutage als Extensions-Spezialist bezeichnet, kann nicht nur eine Technik anbieten, sondern muss immer mehrere variieren.

Du warst bei der Entwicklung eingebunden. Wie war der Prozess?
MG:
 Wirklich spannend! Wir haben verschiedene Arten von Butterflys vorab getestet und immer wieder mit der Produktion abgesprochen, was wir wie verbessern können, da ging es z.B. um die Fragen des Gewichtes oder die optimalen Verbindungsstellen.

In welchen Längen gibt es die Butterflys?
MG:
 In 55 cm, das ist aus unseren Testsalons die gängigste Länge, und sie haben ein Gewicht von 20 Gramm. Wir sind ein relativ junges Unternehmen und stellen uns gerade erst auf, da mussten wir uns zunächst für eine Länge entscheiden.

Wie hoch ist das Potenzial für Friseursalons?
MG:
 Die Nachfrage bei uns im Salon ist steigend. Ich habe vor acht Jahren angefangen mit Bondings, über Tapes mit Tressen, jetzt Combline und Butterflys, das Thema wird immer größer. Auch, weil das Haar bei uns nicht unbedingt besser wird, sei es durch Ernährung, Hormone oder sonstiges.

Dein Salon ist in einem 3.000 Seelen-Dorf, ihr habt keine Website, bei euch läuft alles über Insta. Wie finden euch eure Kunden? 
MG:
 Ausschließlich über Social Media und natürlich unsere Extensions-Spezialisierung. Wir haben Kundinnen, die lange Anfahrten für uns in Kauf nehmen.

„Meine Mitarbeiterinnen arbeiten nur dreieinhalb Tage in der Woche.“

Was sind im Moment als Friseurunternehmer deine größten Herausforderungen?
MG:
 Natürlich der Personalmarkt, obwohl wir im Moment mit 8 Leuten gut aufgestellt sind. Allerdings arbeiten meine Mitarbeiterinnen nur dreieinhalb Tage in der Woche …

… obwohl ihr sechs Tage geöffnet habt?
MG:
 Ja, wir haben 6 Tage geöffnet und immer zwischen 3 und 4 Leuten im Salon stehen. Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht, zufriedenere Mitarbeiterinnen, weniger Krankmeldungen.

Wie oft bist du selbst im Salon?
MG: Dreieinhalb Tage. Meine Trainertätigkeiten sind für mich mehr zu einem Hobby geworden. Mit den anderen Trainern unterwegs sein, mich mit ihnen austauschen, das fühlt sich an wie Freizeit. Bei uns im Salon hat jeder seinen Verantwortungsbereich, den er sich aussuchen durfte. Angestellten gegenüber sollte man heutzutage sehr offen sein, ihnen ehrlich zuhören. Denn langfristig macht es keinen Sinn, irgendjemanden in irgendeine Schiene reinzustecken.

Über Marvin Giel

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