Aktive Mindset-Arbeit, Umsätze analysieren und Beratung sind für sie die Basis für einen sehr guten Friseur-Lohn. Die Vorarlbergerin verdient zwischen 2.500-3.000 Euro netto und will durch eine offene Kommunikation Kolleg*innen motivieren, Ängste abzulegen und ihre Entlohnung zu steigern.
Im Interview mit Juliane Krammer von imSalon.at
Wie hast du den Friseurberuf vor deiner Lehre wahrgenommen? Was war der ausschlaggebende Punkt, diese Ausbildung zu starten?
Nicole Neyer: Ich wollte schon immer Friseurin werden, aber ich dachte, dass ich in diesem Beruf nie reich werde.
Warum war das so?
NN: Aufgrund unseres Kollektivvertrags wird nach außen vermittelt: Friseur*innen verdienen nicht viel! Das haben viele junge Leute bei der Berufswahl im Hinterkopf. Aber ich wurde eines Besseren belehrt und habe mit den Jahren gelernt: Man kann als Friseur*in doch gut verdienen.
Wie war die Lehre finanziell für dich?
NN: Ich hatte meine Lehrlingsentschädigung von 340 Euro. Zum Kollektivvertrag wurden mir im 1. Lehrjahr 30 Euro, im 2. Lehrjahr 40 Euro und im 3. Lehrjahr 50 Euro zusätzlich angeboten. Aber ich war es nicht gewohnt, viel Geld zu haben und bin deswegen gut über die Runden gekommen.
“Grundsätzlich haben mir meine Chefs (…) schon immer das Gefühl gegeben, ich kann mehr erreichen.”
War ein besserer Verdienst der Antrieb für dich, Salonleitung zu werden, Zusatzausbildungen zu machen und dich in der Ausbildung im Salon zu engagieren?
NN: Grundsätzlich haben mir meine Chefs, Brigit und Thomas, schon immer das Gefühl gegeben, ich kann mehr erreichen. Natürlich sind die ersten zwei Jahre der Ausbildung zum Erfahrung sammeln da und teilweise auch schwierig … aber es ging mir nie darum, mehr zu verdienen, da ich mit meinem Trinkgeld schon super zufrieden war.
Was hat dich dann dort hingebracht, wo du jetzt bist?
NN: Ich wollte mich stets weiterentwickeln, das mit dem Verdienst war ein Resultat daraus. Meine Chefs haben gemerkt, dass ich Spaß habe und Umsatz mache, somit ging auch der Lohn immer mehr nach oben.
Das heißt, du bist nicht an deine Vorgesetzten herangetreten, um nach einer Gehaltserhöhung zu fragen?
NN: Es gab keine Situation, in dem ich auf die beiden zugehen musste. In den Momenten, in denen ich mir dachte, dass ich mich gesteigert habe, sind meine Chefs auf mich zugekommen und haben mir mehr Geld angeboten.
Wie setzt sich dein Lohn zusammen?
NN: Ich habe meinen Grundlohn, der monatlich aufgrund meiner erzielten Umsätze angehoben wird. Ich verdiene netto zwischen 2.500 und 3.000 Euro – ohne Meister.
“Mein neues Fachwissen, habe ich in der Beratung umgesetzt und dadurch meine Umsätze gesteigert.”
Du bist der Meinung, dass das jede*r Friseur*in schaffen kann – gut zu verdienen. Welche Tipps hast du?
NN: Für mich war der springende Punkt die Weiterbildung zum Thema Beratung. Ich bin der Meinung, das ist die Basis für jeden Friseurbesuch. Je tiefer ich in der Materie bin, umso mehr Umsatz habe ich gemacht. Kund*innen kommen mit ihren Problemen, zum Beispiel Haarausfall, zu uns, aber viel Friseur*innen ignorieren diese und rattern ihre Beratungsfragen herunter. Mein neues Fachwissen, habe ich in der Beratung umgesetzt und dadurch meine Umsätze gesteigert. Willst du weiterkommen? Dann brauchst du eine Zusatzausbildung. Und es muss dir bewusst sein, eine Friseurin, die monatlich 5.000 Euro Umsatz oder 20.000 Euro Umsatz macht, hat ein anderes Standing.
Meinst du, dass du auch in jeden anderen Salon so viel verdienen kannst?
NN: Das ist schwer zu sagen. Ich wurde immer gefördert und aus der Komfortzone rausgeholt. Ich habe Filialen gewechselt und viel Neues ausprobiert. Vor allem das Thema Mindset hat mich dahingebracht, wo ich jetzt bin.
Welche Ziele hast du dir gesteckt, um weiter zu wachsen?
NN: Ich will mein Fachwissen zum Thema Haarausfall und Kopfhaut weiter intensivieren und neue Schnitttechniken mit dem Calligraphen erlernen. Genauso möchte mein Mindset mit Übungen verbessern. Das kann sehr viel bewirken. Ich merke, dass viele junge Friseur*innen unsicher sind und Angst haben. Das bringt dich aber nicht weiter. Ich habe deswegen für unsere Auszubildenden ein Workbook geschrieben, um Ängste abzulegen und aus Komfortzonen rauszukommen …
“Ängste ablegen und Umsätze ansehen. Genau da erkennt man, wie gut man ist. Viele haben Hemmungen davor und glauben, sie machen die Umsätze nur für die Chefs.”
Was beinhaltet das Workbook?
NN: Ängste ablegen und Umsätze ansehen. Genau da erkennt man, wie gut man ist. Viele haben Hemmungen davor und glauben, sie machen die Umsätze nur für die Chefs.
Was empfiehlst du Friseur*innen, die gerne mehr verdienen wollen?
NN: Mindset ist das Geheimnis. Aktiv daran arbeiten und die Zukunft selbst in die Hand nehmen. Es braucht Motivation, Zusatzausbildungen und eine gute Beratung für Kund*innen. So ziehst du automatisch mehr Kund*innen an und du kannst deine Umsätze steigern. Das ist der Weg, wie dein Chef dir mehr zahlen kann. Eine offene Kommunikation mit Führungspersonen kann Wunder bewirken. Es gibt sicher Betriebe, die das trotzdem nicht machen, dann soll man wechseln, denn da draußen sind genügend Unternehmen die gut sind und wertschätzend mit Mitarbeiter*innen umgehen.
Vielen Dank, Nicole, für das spannende Gespräch und alles Gute für deine Zukunft!