C: Conny Leitgeb Photography

Ich rechne Eltern vor, was ein Lehrling im Vergleich zum Studenten verdient, das überzeugt!

David Schwarz hat kein Nachwuchsproblem. Auf Augenhöhe, per Du und mit Umsatzbeteiligung hat er eine Arbeitgebermarke geschaffen …

David Schwarz, Friseur, Speaker, Coach, erfolgreicher Salonunternehmer und Top Salon Preisträger 2022.
Blickfang Friseure, 3 Salons, 34 Mitarbeiter*innen plus 3 neue Lehrlinge im September.

Im Gespräch mit Raphaela Kirschnick beim Schwarzkopf Businesskongress
 

Nachwuchs ist ein viel diskutiertes Thema, unter anderem die Entlohnung. Wie siehst du das?
David Schwarz: 
Meiner Meinung nach ist das Geld kein Faktor für oder gegen die Lehre. Aktuell liegen mir für 2024 wieder 25 Lehrstellen-Bewerbungen vor, ich mache da andere Erfahrungen.

Wie kommt man an 25 Bewerbungen, da träumen andere von? Was machst du anders?
DS:
 Ich denke, das ist ein Prozess. Seit 10 Jahren arbeite ich daraufhin eine gute Arbeitgebermarke und gleichzeitig auch ein guter Ausbilder zu sein. So etwas spricht sich herum. Weiterempfehlung ist hier sicherlich der Schlüssel.

Ihr tut sehr viel für eure Arbeitgeber, wie kommuniziert ihr das?
DS:
 Ständige Sichtbarkeit von allem, was wir für und gemeinsam mit unseren Mitarbeitenden tun, vor allem in den Sozialen Netzwerken.

„Das beginnt damit, dass wir alle per Du sind.“

Was macht ihr in der Ausbildung anders?
DS:
 Vom ersten Tag an arbeiten wir mit dem jungen Menschen auf Augenhöhe. Das beginnt damit, dass wir alle per Du sind. Wir fokussieren stark darauf, dass jeder ganz schnell etwas lernt. Man muss sich immer die Frage stellen, welchen Mehrwert gebe ich der Lehre in meinem Salon mit und das spricht sich dann herum.

Es gibt ja junge Menschen, die sich für den Beruf interessieren, von Eltern und Bekannten wird ihnen dann aber abgeraten. Wie können wir dagegen vorgehen?
DS:
 In unserer Gesellschaft ist verankert, dass ein Studium wertvoller ist als eine Handwerkslehre, hier müssen wir aufklären.

Wie kann diese Aufklärung aussehen?
DS: 
Es muss jeder einzelne daraufhin arbeiten. Ich mache mich nicht von Politik und Innungen abhängig und schaue, dass ich direkt zu den Eltern komme. Wenn ich Lehrlinge einstelle, dann gibt es ein Get-together gemeinsam mit den Eltern. Dann stelle ich den Leitfaden der ganzen Lehre vor und erreiche so auch die Eltern.

Was überzeugt Eltern?
DS: 
Die Eltern müssen die Perspektiven sehen und das etwas hinter dem Job steht. Was dann aber vollends überzeugt ist, wenn ich den Eltern vorrechne, was ein Lehrling/ Friseur in 5 Jahren im Vergleich zu einem Schüler/ Studenten verdient.

„Im Vergleich des Gesamtzeitraums bis zum Masterstudium, also 9 Jahre, hat ein Friseur bereits fast 200.000 € netto verdient,…“

Interessant, wie sieht die Rechnung aus?
DS: 
Ein Schüler verdient nichts, außer er arbeitet nebenher. In nur 4 Jahren (Lehre plus ein Gesellenjahr) jedoch verdient ein Lehrling ungefähr 63.000 €. Im Vergleich des Gesamtzeitraums bis zum Masterstudium, also 9 Jahre, hat ein Friseur bereits fast 200.000 € netto verdient, der Student eher nichts.

Wie hast du das errechnet?
DS: 
Das habe ich mit den Kollektivbeträgen von heute plus Trinkgeld hochgerechnet. Das ist für alle Eltern interessant. Das bestärkt junge Menschen in ihrem Selbstbewusstsein, denn sie können sich ja selbst etwas leisten.

„Die Kosten der Lehrlinge sind in meinen Preisen einkalkuliert,…“

Es bilden nur noch 10 % der österreichischen Salons aus. Viele argumentieren, dass der Azubi viel kostet und dann vielleicht abspringt. Da kommt häufig das Argument: Weshalb soll ich in jemanden investieren, der dann wieder weg ist? Wie siehst du das?
DS: 
Das ist die Jammerei, die ich nicht mag. Die Kosten der Lehrlinge sind in meinen Preisen einkalkuliert, das kostet mich nichts. Gleichzeitig trage ich dazu bei, dass sie möglichst rasch mitarbeiten.

Definiere rasch!
DS: 
Bis zum Weihnachtsgeschäft muss jeder Lehrling bei uns die Basissachen können. Dafür haben wir jede Woche 3 Ausbildungsstunden mit einer Trainerin, die individuell auf die einzelnen Leute eingeht. Eine Lehrlingsstunde kostet für Farbe auftragen weit weniger als die eines Stylisten, da gewinne ich als Unternehmer auf allen Ebenen.

Unterm Strich läuft es eigentlich immer wieder aufs Gleiche raus, man muss als Unternehmer vernünftig kalkulieren.
DS:
 Natürlich hat der Unternehmer die Verantwortung dafür, dass der Lehrling schnell an den Kunden kommt. Jeder Unternehmer hat die Verantwortung und dann schau doch, weshalb Lehrling weggehen.

Weshalb gehen Lehrlinge weg?
DS:
 Zum einen, weil sie nichts gelernt haben, weil sie nicht beachtet worden sind und das sieht man auch in der Aussteigerquote. Ich betreue immer wieder Lehrlinge vom AMS, die nichts können.

Wie kann das sein?
DS:
 Es gibt noch immer zu viele Betriebe, die Lehrlinge ausnutzen und sich nicht um sie kümmern.

Sich kümmern, kann anstrengend sein!
DS: 
Absolut. Bei den jungen Menschen, da muss man echt motiviert sein, um sie immer wieder anzuspornen und auf den nächsten Level zu bringen. Wir haben seit 2012 ca. 30 Lehrlinge ausgebildet, aktuell haben wir 10.

„…Einzelbetriebe, die nicht ausbilden, eine Ausbildungsumlage zahlen sollten,…“

Wo sind die 30 Ex-Lehrlinge?
DS
: Von den 30 haben wir noch 3 im Salon. Alle anderen sind selbstständig, in anderen Betrieben, anderen Branchen, in Karenz, etc.. Das ist auch alles ok. Wichtig ist doch, dass wir im Vorhinein offen darüber reden und das bis zum Schluss ordentlich gearbeitet wird, sodass es für beide Seiten fair bleibt und das ist auch in der Regel so.

Was ich tatsächlich schade finde, ist, dass so viele im Einzelunternehmertum enden. Die tragen dann nichts für das Ganze bei, das ist schade. Die haben nämlich profitiert, aber geben nichts. Ich bin der Überzeugung, dass Einzelbetriebe, die nicht ausbilden, eine Ausbildungsumlage zahlen sollten, sodass jene Betriebe, die ausbilden mehr Unterstützung bekommen.

Das Einzelunternehmertum ist nach wie vor enorm am Wachsen. Was glaubst du wie sich das Entwickeln wird?
DS:
 Es gibt immer weniger Menschen, die Verantwortung übernehmen wollen, viele denken nur noch an sich. Dennoch wird sich das irgendwann irgendwo eingrenzen, denn wir haben einen sehr menschlichen Beruf und viele wollen im Team arbeiten.
Ich bin auch überzeugt, dass Kunden zum Friseur gehen, um ein wenig dem Alltag zu entfliehen. Die wollen nicht in einen Keller gehen oder zu Hause die Haare gemacht bekommen.

Hast du das schonmal auf Innungsebene angesprochen und gefordert?
DS:
 Nein, ich war eine Zeitlang in der Innung dabei, aber ich konzentriere mich lieber auf meinen Betrieb und alles, was drumherum passiert. Da bleibe ich lieber bei Projekten, wo ich jetzt etwas bewegen kann und nicht erst in 10 Jahren.

Wie siehst du das Potenzial für Quereinsteigenden?
DS:
 Phasenweise ist das sehr hoch, denn es wird aus vielen Fördertöpfen unterstützt. Ich bin kein Fan von einer 18-monatigen Ausbildung, ich finde das es ein Minimum von 24 Monaten braucht, anders geht sich keine gute Ausbildung aus.

Was würdest du bei den aktuellen Ausbildungsinhalten ändern?
DS:
 Lehrlinge sollten sofort in der Schule alles lernen, was sie dann sofort am Kunden umsetzen können. Das stärkt das Selbstvertrauen und motiviert von Anfang an. Dazu gehört Farbe auftragen, waschen, Augenbrauen färben, föhnen, etc. Farbe wir erst im 3. Lehrjahr gelernt, das gehört aber im ersten Lehrjahr trainiert, sodass dies direkt am Kunden umgesetzt werden kann. So lernt der Lehrling zu kommunizieren und den Umgang mit Menschen.

Wie findest du Mitarbeiter?
DS: 
Durch Mund-zu-Mund-Propaganda über die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wenn deine Leute begeistert sind und ihren Arbeitsplatz mögen, dann reden die darüber und das merken wir, das spornt andere an, sich bei uns zu bewerben.

„Kollektiv plus Umsatzbeteiligung…“

Wie bezahlst Du deine MitarbeiterInnen?
DS:
 Kollektiv plus Umsatzbeteiligung. Das ist mein Erfolgssystem und jeder Mitarbeiter, der dieses System versteht, der kann damit richtig Kohle machen. Wir sind in einem leistungsorientierten Beruf und jeder, der viel Umsatz schafft, darf und soll auch am Ende viel verdienen. Und nach oben hin, gibt es keine Grenze.

Wie häufig stehst du am Stuhl?
DS:
 3,5 Tage, das ist sehr viel, mit allem, was ich sonst noch so tue. Ich werde im nächsten Schritt auf 3 Tage reduzieren. Das muss ich dann aber auch in den Preisen widerspiegeln, dann muss ich an 3 Tagen so viel umsetzen wie sonst an 3,5.

Du kalkulierst knallhart?
DS:
 Ich nicht, mein Unternehmensberater. Ich bin Friseur und brauche den Blick und die Unterstützung von außen.

Lieber David, ich danke dir für deine Gedanken und wünsche dir weiterhin viel Erfolg.