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Generationenkonflikt Lehrabbruchgrund #1

Elisabeth Würz ist Obermeisterin der Friseurinnung Neumarkt in der Oberpfalz und hat in einem Video das Thema Ausbildungsabbrüche thematisiert. Der Appell ist, dass sich junge Leute mehr über den Friseurberuf informieren müssen, bevor enttäuschte Erwartungen zum Lehrabbruch führen. imSalon hat nachgefragt.

Im Gespräch mit Katriina Janhunen von imSalon

In Neumarkt haben 7 von 21 Lehrlingen abgebrochen. Was kann man dagegen tun?
Elisabeth Würz: 
Genau deshalb habe ich das Video gemacht, als Appell: Macht euch vorher Gedanken, was ihr vom Friseurberuf erwartet. Es gibt immer wieder neue Verträge, aber viele brechen ab, weil sie falsche Vorstellungen von dem Beruf haben. Das Video kann nicht alles erklären – es müsste vor einer Ausbildung immer auch ein Praktikum im Salon geben, sonst weiß ich ja gar nicht, ob ich die Fähigkeiten dazu hab oder es mir Spaß macht.

Wie kann man Azubis besser auf den Beruf vorbereiten?
EW: 
Es ist viel Kommunikation nötig. Wir versuchen das im April mit einer Ausbildungsmesse mit allen 16 Innungen unserer Region. Da kann sich die Jugend ein Bild von den jeweiligen Berufen machen. Die Schulen kommen an zwei Tagen und können z.B. bei uns Locken drehen und sich informieren. Man darf den Beruf nicht unterschätzen, wir schneiden nicht nur Haare – es ist viel Chemie dabei, die Kunden sind anspruchsvoll, man muss die Haare und die Kundin lesen lernen. Es ist sehr psychologisch.

Warum glauben Sie denn, gibt es so viele Lehrabbrüche?
EW: Das hat sicher einige Ursachen. Als Obermeisterin wird mir immer wieder zugetragen, dass sich die Jugendlichen nicht mehr unterordnen und nur machen wollen, was ihnen Spass macht. Dann klappt es oft im Team nicht, sie können mit der Chefin oder den anderen Lehrlingen nicht, es gibt Neid und Bissigkeit. Vieles lässt sich nicht gleich klären, wenn es stressig ist und der Ärger staut sich auf.

Wäre das nicht die Aufgabe der Chefin, das Team so zusammenzubringen, dass es gut arbeiten kann?
EW: Ja, da sollte der Lehrherr dahinterstehen, aber manche sagen da „Jetzt stell dich nicht so an“ und ohne klärende Gespräche ist das dann die nächste, die die Ausbildung hinschmeißt. Die Kommunikation ist nicht einfach, da muss man sich die Zeit nehmen. Das Team macht viel aus bei den Abbrüchen.

Was sagen die Azubis zu den Abbruch-Gründen?
EW: Es ist schwierig herauszufinden, wieso jemand wirklich abbricht – wenn man sie fragt, sind sie oft nicht ehrlich, also habe ich nur die Aussage der Ausbilder. Früher hatten wir einen Ausschuss für Lehrlingsstreitigkeiten, da kamen wir am runden Tisch zusammen und haben mit allen Beteiligten versucht einzulenken, bevor der Vertrag aufgelöst wird. So weit kommt man heute gar nicht mehr, jetzt kommen die Chefs viel zu spät auf mich zu, erst wenn die Fronten verhärtet sind.

Wäre es denkbar, dass man diesen runden Tisch wieder einführt?
EW: Ich habe leider nur eine Handhabe bei den Salons, die auch Innungsmitglieder sind. Man könnte versuchen mehr über die Schulen zu gehen. Dafür bräuchte es aber auch Jugendliche, die nicht zu g’schamig sind, sich Hilfe zu holen. Man müsste die Eltern ins Boot holen, denn manchmal wird ihnen zuhause zuviel abgenommen. Wenn sie dann in den Salon kommen, kommen sie nicht klar und sehen es so negativ, wenn man mal zusammenkehren muss. Mein Gott, wenn die Haare da liegen, dann muss man es halt zusammenkehren. Früher war das vielleicht der Fall, dass der Lehrling so als günstige Putzfrau gesehen wurde, aber das ist ja eh schon lange vorbei.

Bei unserem Zukunftskongress hat die Auszubildende bei der Podiumsdiskussion (► Die Zukunft der Ausbildung) gesagt, dass auch heute noch viele Kolleginnen abbrechen, weil sie tatsächlich nur geputzt haben.
EW: Das erschreckt mich, dass es das tatsächlich noch gibt. Die Unternehmer, die jetzt einen Salon eröffnen sind ja sehr jung, da dürfte das nicht mehr passieren. Vielleicht denken sich manche, jetzt bin ich der Chef, jetzt mach ich gar nichts mehr?

Spielt hier ein Generationenproblem mit rein – die Alten verstehen die Jungen nicht und umgekehrt?
EW: Es ist schon schwierig auf Augenhöhe zu kommen, weil man nicht mehr weiss, was man sagen darf, ob man tadeln darf. Als älterer Mensch muss man vorsichtig sein, man kann manches nicht mehr einschätzen, weil sich die Zeit geändert hat. Wir haben es ja auch anders gemacht als unsere Eltern. In Salons kann vielleicht jemand jüngeres die Ausbildung der Lehrlinge übernehmen, wenn es hier ein Problem gibt.

Denken Sie, dass eine Ausbilder-Qualitätsprüfung sinnvoll wäre?
EW: Ja, warum nicht. Ich werde das im Landesinnungsverband mal anbringen, vielleicht als Kurzseminar, das würde mit Sicherheit helfen. Die Frage ist, ob alle daran teilnehmen würden. Die die nicht teilnehmen, hätten es wahrscheinlich am nötigsten.