Henriette Turbucz bietet mobile Friseurdienstleitungen zu Salonpreisen
© Andrea Kirchmaier

Mobilfriseurin Henriette Turbucz: Ich verrechne 50 Euro Anfahrtspauschale

Zwischen Qualifikation, Corona-Testprogramm und dem ewigen Vorurteil der Schwarzarbeit, die die Mobilen wo ganz anders sehen: bei den unselbstständigen Kollegen im Pfusch …

Im Telefoninterview mit Katja Ottiger

Henriette, du hast ein Hair and Make-up Studio, arbeitest aber auch mobil. Warum?
Henriette Turbucz:
Das war für mich anfangs der einfachste Weg der Selbstständigkeit. Ich habe meinen Meister gemacht, das Gewerbe angemeldet und „klein“ mit mobil und null Kunden angefangen. Ohne das Risiko, das ein Salon mit sich bringt. Es ist unglaublich schade, dass Mobile häufig im schlechten Licht stehen, denn sie schließen oft die Lücken der Salonfriseure.

„Mobile schließen oft die Lücken der Salonfriseure.“

Welche Lücken?
HN:
 Das Besuchen von Menschen in Altenheimen, die von den mobilen Kollegen in ihren letzten Jahren auch würdevoll begleitet werden – ein großes Lob an dieser Stelle, ich wäre dazu zu sentimental! Oder recht kleine Kinder und Kunden, die erst Zeit haben, wenn Salons längst geschlossen sind.

Wer sind deine KundInnen?
HN:
 Neben Bräuten sind es hauptsächlich Großfamilien oder Frauen, die sich den Luxus gönnen, allein bedient zu werden. Wobei ich sagen muss, dass ich Farbe mittlerweile lieber in meinem Studio mache.

„Ich bediene keine Kunden, die nicht getestet sind.“

Was ist in deiner Arbeit derzeit die größte Herausforderung?
HN:
 Negativtests! Ich habe kein Problem mit dem Testen. Im Gegenteil: Schon bevor die „48 Stunden-Regelung“ kam, war ich mehrmals in der Woche zum Test. Wenn ich mobil fahre, bin ich am Vorabend immer in der Teststraße. Zusätzlich habe ich Selbsttests dabei. Ich bediene keine Kunden, die nicht getestet sind, das schließt auch deren Kinder mit ein! Ich habe Verantwortung mir und meinen Kunden gegenüber. Probleme machen die „Neukunden“.

Führst du Tests bei deinen Kunden durch bzw. würdest du das anbieten?
HN:
 Nein, anbieten würde ich die nicht. Aber sollte es der Fall sein, dass z.B. bei einer Hochzeit jemand keinen Test hätte, hätte ich einen zur Sicherheit dabei.

„Je weniger sich testen lassen, desto länger haben wir Corona und hohe Auflagen.“

Hast du nun mehr Neukunden?
HN:
 Mehr Anfragen auf jeden Fall. Seit wir wieder arbeiten dürfen, ungefähr 20 Anrufe am Tag, oft von Testverweigerern. Die sagen auch gleich: „Bei dir brauche ich ja keinen Test.“ Aber da bin ich Feind meines eigenen Geldes und sage NEIN. Ich kann es mir nicht leisten, noch einmal zusperren zu müssen. Meine Intention ist einfach: Je weniger sich testen lassen, desto länger haben wir Corona und hohe Auflagen. Aber diese „Kunden“ suchen sich letztlich irgendeinen Pfuscher und nehmen Schwarzarbeit in Anspruch.

„Das wahre Problem sind nicht wir, (…) sondern die Kollegen, die nebenbei zusätzlich Geld verdienen.“

Du sprichst von Pfuschern – Mobilfriseure werden im Gießkannenprinzip gern als solche bezeichnet, auch von den Kollegen…
HN:
 Ja, leider. Das wahre Problem sind aber nicht wir, die wir unser Gewerbe angemeldet haben, unseren Lebensunterhalt damit verdienen und unsere Rechnungen bezahlen. Es sind die unselbstständigen Kollegen, die sich nebenbei Geld verdienen. Ich meine auch nicht die Kollegen, die vielleicht mal im Freundeskreis keine Rechnung ausstellen, sondern die, die mehrere Kunden in der Woche bedienen. Durch diese ist unser Ruf dahin. Ein Preisvergleich mit solchen Pfuschern oder den Dumpingpreisen der „Billig-Barbershops“ treibt mobile Kollegen dazu, weniger Geld zu verlangen können.

Bad Hairdresser, good Hairdresser. Wie unterscheidet der Kunde – sofern es ihn interessiert?
HN:
 Indem er sich auf der WKO Seite informiert und schaut, ob derjenige Mobilfriseur sein Gewerbe angemeldet hat und Rechnungen stellt, so wie jeder Salon auch. Und sich nicht auf „Will haben“ einen Friseur besorgt oder in einer der Facebook-Gruppen, die es gibt. (Anm.:Namen der Redaktion bekannt).

„Pfuschern kann man nichts anhaben, die zahlen maximal eine Geldstrafe.“

Was wünschst du dir von der Politik?
HN:
 Dass die Regierung gegen Schwarzarbeit vorgeht und dass streng kontrolliert wird. Wenn ich im Lockdown gearbeitet hätte, hätte ich eine Geldstrafe bekommen und meinen Gewerbeschein riskiert. Den Pfuschern können sie nichts anhaben, die bezahlen maximal eine Geldstrafe.

„MobilfriseurInnen können nicht günstiger sein als die Salons.“

Ist die mobile Dienstleistung Luxus oder für Sparfüchse?
HN:
 Für manche ist es Luxus. Viele Kunden glauben aber, dass wir günstiger sind, weil wir keine Miete oder Ähnliches zu zahlen haben bzw. gehen sie gleich von Schwarzarbeit aus. MobilfriseurInnen können aber nicht günstiger sein! Denn du musst Leerlaufzeiten z.B. für die Anreise einplanen und brauchst länger am Kunden, weil du nicht die gleichen Möglichkeiten hast wie in einem Salon. Viele Kunde glauben auch, dass wir nur für einen Haarschnitt vorbeikommen, aber das macht erst ab einem bestimmten Leistungswert Sinn.

„Ich verrechne eine Anfahrtspauschale von 50 Euro.“

Du verrechnest die Anfahrt?
HN:
 Ja, ich verrechne die Anfahrt mit einer Stundenpauschale von 50 Euro. Denn wenn ich 30 Minuten hin und zurück unterwegs bin, habe ich eine Leerlaufzeit von einer Stunde, die abgedeckt sein muss wie bei jedem anderen Handwerker auch. Wem das zu viel ist, der kann gern in mein Studio kommen. Früher habe ich lediglich das Kilometergeld verrechnet, das gerade einmal die Kosten für das Auto deckte. Das war im Nachhinein ein Fehler.

Wie hast du das mit der Beantragung deiner Corona-Hilfen gemacht?
HN: Über einen Steuerberater, der natürlich auch seinen Teil gekostet hat. Im Endeffekt kam ich mit Erspartem über die Runden.

Mobilfriseurin Henriette Turbucz
©memoriesandemotions.at

Holst du dir Tipps und Tricks von anderen aus der Branche?
HN: Natürlich! Um mich auf dem Brautsektor gut etablieren zu können, habe ich in meine Ausbildung viel Geld investiert. Heute findet Fortbildung in Facebook-Gruppen, auf Instagram und Internetplattformen statt – täglich! Da hat sich in der Corona-Zeit viel getan.

Wo kaufst du deine Produkte? Welche Marken verwendest du?
HN: Entweder beim Vertreter selbst oder im Friseurbedarf. Ich arbeite mit Schwarzkopf und Indola, im roten Farbbereich mag ich Wella.

Wie wird man mobile/r FriseurIn?
HN: Da gibt es den Weg über die Altgesellenregelung mit anschließender Befähigungsprüfung bzw. eine Arbeitsprobe. Oder du machst wie ich den Meister, dann kannst du dich selbstständig machen.

Arbeitest du mit Salons zusammen, um Kunden, die beispielsweise durch die Corona-Pandemie selbst nicht in den Salon kommen können, zu betreuen?
HN:
 Ich nicht, aber solche Modelle gibt es und ich würde mir hier unter den Kollegen mehr Vernetzung wünschen, um die Kunden in ihrer ganzen Bandbreite abdecken zu können. Gemeinsam und legal.

Hernriette, vielen Dank für deine Einblicke und alles Gute für dich!

Über Henriette Turbucz:

  • Friseurmeisterin, Anbieterin mobiler Friseurdienstleistungen
  • Hair& Make up Artistin mit Brautfokus und Studio in Brunn am Gebirge
  • Initiatorin der Facebook-Gruppe „Mobile Friseure“ (DACH)
  • Instagram: @henriette_hair_makeup